Bündnisaufruf zur Silvester – Knastkundgebung JVA Preungesheim Frankfurt

Wie in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und anderswo wollen wir auch in
Frankfurt an Silvester gemeinsam an den Mauern des Gefängnisses
demonstrieren, um denen drinnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.

31.12.2012   18:00 Uhr vor  JVA Preungesheim – Frankfurt am Main (siehe Flyer)
Ob soziale oder politische Gefangene – sie bekommen im kapitalistischen
Herrschaftssystem die ganze Härte des Staates zu spüren. Bereits in den
80er Jahren kam es vor der JVA Preungesheim zu Knastbeben, als
regelmäßig und nicht nur zu Silvester linke Aktivist*innen und
Sympathisant*innen das Gefängnis als Ort der Auseinandersetzung zur
politischen Meinungsbildung nutzten – wir knüpfen an diese Kämpfe an!

Warum gegen Knäste und deren System?
In der kapitalistischen Verwertungslogik werden all jene bestraft,
ausgeschlossen und weggesperrt, die marginalisiert sind und trotzdem an
den Versprechen der Gesellschaft teilhaben wollen. Sie handeln nach
ihren Bedürfnissen, wenn sie den legalen Prinzipien im Kapitalismus und
dem staatlichen Gewaltmonopol entgegentreten. Zumeist sind es so
genannte soziale Gefangene, die wegen Gratisfahrens, Ladendiebstählen
oder ihrer prekarisierten Lage in den Knästen sitzen. Weggesperrt werden
auch von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge und Asylsuchende.
Gesellschaftliche Isolation in Flüchtlingslagern oder Knästen lehnen wir
nicht nur entschieden ab, sondern kritisieren diese als Teil des
staatlichen Rassismus, der viele Formen der Freiheitsberaubung wie die
Residenzpflicht umfasst. Ebenso bekämpfen wir den gefängnisindustriellen
Komplex, der sich in der angeblichen Resozialisierung durch Ausbeutung
von Arbeitskräften in den Knästen als extreme Form der alltäglichen
Verwertung niederschlägt.

„Vorzeigeknast“ Preungesheim?
Schon von außen wirkt die JVA Preungesheim durch ihre meterhohen
Betonmauern und Natodraht einschüchternd, selbst wenn sie mit dem
verwinkelten Mutter-Kind-Haus zur Stadt hin eine soziale Fassade
vortäuscht. „Die sicherste Straße der Stadt“ (FR, 15.08.2011) trennt die
Anwohner*innen von den Frauen in der JVA und den U-Häftlingen jeden
Geschlechts. In der U-Haft sind vor allem Frauen ohne deutschen Pass
inhaftiert, die zumeist aufgrund geringer Vergehen einsitzen. Für den
geschlossenen und „offenen“ Vollzug brüstet sich die JVA Preungesheim
mit „sozialen Fortschritten“ wie dem Mutter-Kind-Haus oder der
Möglichkeit einer Berufsausbildung. Solche können aber nicht einmal
ansatzweise emanzipatorisch gesehen werden, da es lediglich Ausbildungen
in sogenannten „Frauenberufen“ gibt. Wir stehen auch deshalb vorm Knast,
weil die Frauen, die sich (un)bewusst und oftmals auch gewaltsam gegen
eine patriarchale Gesellschaft gewehrt haben, von dieser in
„Besserungsanstalten“ wieder in ihre Rolle als Mütter und
Haushälter*innen gedrängt werden!

Zur Aktualität unserer Solidarität

…in Frankfurt am Main:
Seit dem 21. September 2012 läuft vor dem Landgericht in Frankfurt am
Main der Prozess gegen Sonja Suder (79) und Christian Gauger (71). Ihnen
werden drei Sprengstoffanschläge der Revolutionären Zellen (RZ) in den
70er Jahren vorgeworfen. Sonja wird zusätzlich beschuldigt, das OPEC
Attentat 1975 logistisch unterstützt zu haben. Die Anschuldigungen der
deutschen Staatsanwaltschaft stützen sich auf die Aussagen des schwer
verletzten und nicht vernehmungsfähigen Hermann Feiling sowie die des
Kronzeugen Hans-Joachim Klein, der bereits von einer anderen Kammer
desselben Landgerichts als unglaubwürdig eingestuft wurde. Sonja sitzt
seit September 2011 in Preungesheim ein, Christian wurde aufgrund
gesundheitlicher Probleme von der U-Haft verschont. Im Oktober lud das
Gericht unter Richterin Stock die ehemalige Verlobte von Hermann Feiling
als Zeugin vor. Da die Zeugin Sybille S. unter keinen Umständen die
folterähnlichen Bedingungen, unter denen die „Aussagen“ von Hermann
Feiling zustande gekommen sind, legitimieren will, verweigert sie
konsequent die Aussage. Daraufhin verhängte das Gericht ein Ordnungsgeld
und droht ihr mit Beugehaft.

…mit linken politischen Gefangenen in Deutschland:
Im Herbst 2012 kam es zur Gerichtsverhandlung gegen den 19jährigen
Antifaschisten Deniz. Während die Nürnberger Behörden bei den NSU-Morden
alle Hinweise auf die rechte Szene ignorierten, zeigten sie beim
Verfahren gegen Deniz beispiellosen Ermittlungseifer. Obwohl die
Beweislage mehr als dürftig war, wurde er vom Landgericht Nürnberg wegen
seiner politischen Gesinnung völlig überzogen und aufgrund mangelnder
Beweise abgestraft: Der junge Aktivist wurde wegen versuchter schwerer
Körperverletzung und schwerem Landfriedensbruch zu 2½ Jahren Gefängnis
verurteilt!
Willkürlich und auf der Basis fragwürdiger Quellen sitzen auch mehrere
linke türkische und kurdische Migrant*innen in deutschen Gefängnissen
ein. Gegen viele weitere laufen Ermittlungsverfahren nach § 129b StGB.
Sie werden der Unterstützung von „terroristischen Vereinigungen“
bezichtigt. Informant ist oftmals der repressive türkische Staat, als
Beweismittel dienen in vielen Fällen in türkischen Gefängnissen
erfolterte „Aussagen“. 129er Verfahren laufen derzeit außerdem gegen 25
Antifaschist*innen wegen Aktionen gegen die Naziaufmärsche in Dresden.
Hier versucht der deutsche Staat linke Politik zu diskriminieren und zu
delegitimieren – lassen wir uns nicht (klein)kleinmachen! Wir sind alle 129!

…und in anderen Ländern:
Repression gegen Kommunist*innen, Anarchist*innen, Autonome und andere
Linke findet überall da statt, wo sich Menschen gegen Ausbeutung und
Unterdrückung wehren. In Südeuropa nimmt die Verfolgung seit der
Wirtschaftskrise zu. Dabei kommt es insbesondere in Griechenland zu
massenhaften Festnahmen, rassistischen Kontrollen und Abschiebungen. In
der Türkei sitzen tausende kurdische Genoss*innen ein, darunter Kinder
unter 10 Jahren. In den USA werden Gesellschaftskritiker*innen seit
Jahrzehnten weggesperrt, wie Mumia Abu-Jamal und Leonard Peltier. Ob es
sich dabei um indigene Freiheitsbewegungen wie in Mexiko, Kämpfe um
Unabhängigkeit wie im Baskenland oder andere emanzipatorische Kämpfe
handelt – die Knäste sind voll!
Wir setzen dagegen unsere Solidarität. So kämpfen seit Jahren weltweit
tausende Linke für die Freiheit politischer Gefangener und die
Abschaffung der Todesstrafe oder leisten kollektiven Widerstand, wie
sich zuletzt beim massenhaften Hungerstreik kurdischer Gefangener und
Sympathisant*innen gezeigt hat. Der Druck muss aber auch von außen auf
die Straße und bis in die Knäste getragen werden, hier und überall!

Power durch die Mauer!
Wir setzen uns für eine Gesellschaft ohne Knäste und Abschiebelager ein
und bauen auf Solidarität, auch jenseits unserer politischen
Verschiedenheiten.
Es kann nicht sein, dass all jene, die für ein herrschaftsfreies und
besseres Leben eintreten, vom Staat verfolgt, kriminalisiert und
weggesperrt werden.
Gegen Polizeigewalt, staatliche Repression und Gesinnungsjustiz!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Bündnisaufruf-Silvester

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