Auf ein Wort bitte: einige Anmerkungen zu uns oft gestellte Fragen über Todesstrafe, Diktaturen, Polizeigewalt ……
Wenn John Nettles als Inspector Tom Barneby in der gleichnamigen “very british” Kriminalserie auffordernd sagt “auf ein Wort bitte” dann steht dies für ein gewisses Unbehagen und Nachhaken. Ähnlich geht es uns, wenn wir immer wieder mit Fragen konfrontiert werden, warum wir entweder nicht hierüber und darüber berichten oder aber warum wir bestimmte Dinge posten, die nicht direkt mit unserem Vereinszweck oder mit Indigenen oder Peltier zu tun haben. Die folgenden Anmerkungen geben nicht die Vereinsmeinung in ihrer Heterogenität wieder, sie sind ganz persönliche Anmerkungen des Verfassers und Vereinsgründers Michael Koch.
Zum ersten, wir arbeiten ehrenamtlich und haben daher weder den Anspruch noch die Zeit allumfassend zu informieren. So erklärt sich der Mix aus eigenen News zu unseren eigenen Aktivitäten sowie einzelnen weitergeleiteten Posts. Das bleibt auch weiterhin selektiv und punktuell, was keine Nichtwürdigung anderer Themen darstellt. Ganz persönlich kann ich nur sagen, dass ich täglich gar nicht genug essen und trinken kann, um in Anbetracht der Menschenrechtsverletzungen und politischen Verbrechen nicht permanent kotzen zu müssen. Mir wird speiübel, wenn ich mir die menschen- und umweltverachtende Gewalt der Herrschenden und einiger Möchtegernherrschenden anschaue. Und so kamen und kommen und werden auch zukünftig kommen Posts und Aufrufe gegen Todesstrafe, Völkermord, Terrorismus & Fundamentalismus, Rassismus und Faschismus. So wie wir in Vergangenheit gegen Hinrichtungen im Iran und Saudi Arabien oder in den USA, gegen Menschenrechtsverletzungen in Syrien und China, gegen Naturzerstörungen in Amazonien und anderswo, gegen Naziaufmärsche und Polizeibrutalität oder Angriffe durch türkische Militärs oder islamistische Terroristen auf Kurd*innen immer mal wieder verwiesen haben. Aber wie gesagt, dies bleibt eher die Ausnahme und vor allem, dies werden immer Statements sein, die ich dann persönlich vertrete. So auch bezüglich aktueller Anfragen, warum wir nichts zu Hongkong, Belarus etc. anmerkten.
Die Antwort ist ziemlich klar: als Verein lehnen wir jede Form der Menschenrechtsverletzung und Unterdrückung ab – weltweit. Und ganz persönlich merke ich dazu an: ja, ich finde die Bilder knüppelnder Polizist*innen zum Kotzen und diese Uniformmenschen und das System und die Strukturen, für die diese knüppeln auch. Doch wer sich über Hongkong und Belarus und aktuell in den USA über Polizeigewalt,-brutalität und -terror empört, sollte dies a.) bemerkbar und laut und effektiv machen und b.) nicht zu Polizeigewalt,-brutalität und -terror hierzulande schweigen. Ich erinnere mich an die Mediendarstellung von Gewalt in Rostock (G7), Hamburg (G 20) und zuletzt in Stuttgart oder Berlin Rigaer Str.. Doch wer sich diese Fälle genau anschaut, wird die bereits im Vorfeld zur Eskalation beitragende und medial oftmals verschwiegene staatliche und polizeiliche Gewalt bemerken. Und kaum ein Wort über racial profiling und labeling approach bei Polizeikontrollen und polizeilichen Ermitlungen, über Todesfälle bei Abschiebungen und Haftanstalten. Wenn ich allein in den letzten Tagen die Beispiele von Polizeigewalt,-brutalität und -terror sehe, bei der Räumung des Syndikat-Cafes in Berlin, in Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt bei Festnahmen junger Menschen und dem widerlichen Polizeieinsatz in Ingelheim (siehe Link) fällt es mir schwer hier noch von Polizei und Polizeibeamt*innen zu sprechen, wer so prügelt ist Gewalttäter*in und oftmals Schützer*in oder gar Helfer*in von Faschist*innen, im “besten Fall” Büttel des Kapitalismus.
Als Jungpolitisierter Ende der 60er Jahre war ich vor allem pazifistísch, gegen jede Gewalt und war Anhänger von Martin Luther-King, Gandhi, Albert Schweitzer. Es waren die Bilder, die eigenen Beobachtungen und eigenen körperlichen und seelischen Verletzungen durch polizeiliche Gewalt hier und anderswo, die mich dazu bewegten, das Primat von Gewaltlosigkeit nicht aufzugeben, aber dennoch situativ sich auch für eine nicht-menschenverachtende und nicht-lebensgefährdenden aber dennoch gezielte und reflektierte Militanz auszusprechen. Gewalt ist keine Lösung, alles klar. Aber wer Gewalt sät, sollte sich auch nicht über das wundern, was er/sie erntet. Das gilt vor allem für die Herrschenden dieser Welt.
https://taz.de/Polizeigewalt-bei-Demo-in-Ingelheim/!5708401/
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