Assange/Nawalny: Solidarität gegen Menschenrechtsverletzungen ist unteilbar
Es ist nicht das erste Mal, dass auf dieser Seite der Autor auf Doppelmoral und ausbleibende oder relativierende Solidarität bei Verstößen gegen Menschlichkeit und Menschenrechte polemisiert, wobei vor allem jene im Fokus sind, die ansonsten für sich in Anspruch nehmen auf der fortschrittlichen Seite des politischen Spektrums zu stehen. In Vergangenheit waren dies die beschämend ausbleibende Solidarität mit der Demokratiebewegung in Hongkong und Belarus, mit den vom Angriffskrieg Russlands betroffenen Menschen in der Ukraine, den für Demokratie und Menschenrechte kämpfenden Menschen im Iran, den durch türkische Angriffe bedrohten Kurd*innen oder aktuell den Opfern des barbarischen Hamas-Massakers am 7. Oktober. Als Menschenrechtsaktivist ist es eine bittere Lektion festzustellen, dass unsere Empathie aus ideologischen Gründen leider oftmals einäugig – ja wenn nicht gar partiell blind ist. Da wird relativiert (z. B. das Leiden der Opfer des barbarischen Hamasangriffs gegen das Leiden der palästinensischen Bevölkerung durch die jahrzehnte lange Politik Israels und deren aktuell rücksichtslose Kriegsführung), abgewehrt (kaum wahrnehmbare Verurteilung brutaler Polizeiaktionen und Staatsterrors gegen Demonstrant*innen in Hongkong und Belarus, da die Protestierenden “nur” Demokratie forderten und nicht antikapitalistisch auftraten), durch Täter-Opfer-Umkehr legitimiert (die Lüge Putins und Russlands von der NAZI-Regierung in Kiew, wobei die Anzahl von Faschisten in Russland erheblich größer ist) usw.
Der Tod Nawalnys, den man -wie immer auch die unmittelbare Todesursache sein mag – als Mord bezeichnen kann, scheint ebenfalls in manchen pseudolinken Kreisen kaum ein Thema zu sein.(da wird dann schnell auf Nawalnys früheres nationalistisches Auftreten und der später nicht ausreichenden Distanzierung hiervon verwiesen). Doch wer zu den Tod Nawalnys schweigt, der schweigt auch über all die anderen durch Putins Kräfte ermordeten, gefolterten, inhaftierten Oppositionellen: Menschenrechtler*innen, Umweltschützer*innen, engagierte Demokrat*innen, LGBTQ+-Aktivist*innen, freiheitlichen Sozialist-/Kommunist- und Anarchist*innen, Feministinnen, Autonome, Kriegsgegner*innen, Journalist*innen, Desserteure, Indigene …… der schweigt zu dem anhaltenden Krieg der Herrschenden in Russland gegen die Freiheit der eigenen Bevölkerung (und dies in langer Tradition vom zarisischen Russland über die UdSSR bis heute), der schweigt zu den tausenden Toten in Tscheschenien, Georgien, Armenien, Syrien und der Ukraine, der schweigt zu Konzentrationslagern und Umerziehungslagern.
Und damit es jetzt ja nicht Beifall von der falschen Seite gibt, nämlich den ebenso einäugigen “lupenreinen” Demokraten westlicher Bauart: wer zu Nawalny etwas sagt, der sollte auch etwas zu Assange sagen. Ob Julian Assange tatsächlich durch den CIA entführt und ermordet werden sollte – zuzutrauen ist es den USA. Ob Assange in den USA tatsächlich zu 175 Jahren Haft verurteilt werden würde – who knows? Doch klar ist eines: es ist ein Zeichen erbärmlicher Staatspolitik Whistleblower zu verfolgen aber die soldatischen Folterer und Mörder und deren (politischen, geheimdienstlichen und militärischen) Auftraggeber nicht zu benennen und anzuklagen. Assange muss frei sein. Nicht die Enthüllung von Kriegsverbrechen ist strafbar, sondern Kriegsverbrechen und deren Auftraggeber.
Kurz: Doppelmoral, imperialistische und terroristische Politik, Kolonialisierung und Genozid, brutaler Polizei- und Justizterror, Gefangenen- und Umerziehungslager und alle anderen Formen menschenverachtender Politik sind ohne wenn und aber zu verurteilen – hier und überall.
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