Impressionen vom Freedom Walk For Leonard Peltier

Als der diesjährige Walk geplant war und zwar vom AIM GGC, lag es ansich nahe daran teilzunehmen. Doch wie es mal so ist machte ein voller Terminkalender mir einen fetten Strich durch die Rechnung: no chance. Um so mehr freut es uns dass für unseren Verein Holger Zimmer in der letzten Woche des Walkes dabei war und wir hier seinen Bericht und seine Bilder veröffentlichen können. An der Stelle unseren Dank an unsere Regionalgruppe Ost. Auch für die uns zugesendeten Unterschriften. Es fehlen noch etwas über 100, dann hätten wir die 1000 zusammen, um sie rechtzeitig zum Internationalen Tag der Menschenrechte ans Weiße Haus zu senden.

Außerdem in diesem Blog einen Link zum Freedom Walk

https://nativenewsonline.net/currents/after-1-100-miles-leonard-peltier-s-walk-to-justice-arrives-in-washington-d-c?utm_source=Native+News+Online&utm_campaign=6f63a5bfcf-EMAIL_CAMPAIGN_2021_11_24_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_dfd2540337-6f63a5bfcf-1400967832.

Außerdem findet ihr weitere Bilder/Filme/Kurztexte auf unserer Twitter-Seite https://twitter.com/howlingwolf123



Text: Holger Zimmer

Tränen unter der Fahne

Indigene laufen viele Meilen für Leonard Peltiers Freiheit  

Der kalte Wind pfiff zwischen dem Lincoln-Memorial und dem hohen Washington-Monument in der Hauptstadt der USA. Hier endete am Sonntag der 1100 Meilen (rund 1800 Kilometer) lange Weg aus Minneapolis. Hunderte Aktivisten des 1968 gegründeten American Indian Movement (AIM) hatten sich  versammelt. Es war das Ende des Leonard-Peltier-Walk-To-Justice, der dem Aktivisten endlich die Begnadigung durch Präsident Joe Biden bringen soll.  Vor dem Lincoln-Memorial gegenüber stand ein junger Mann und ließ die Muskeln spielen. Er hielt stundenlang seine überdimensionale AIM-Flagge und wurde dessen nicht müde. Nur als seine Mutter an seine Seite trat, flossen die Tränen. Beide lagen sich in den Armen: Es war geschafft.

Der Autor dieser Zeilen wollte unbedingt dabei sein, hatte sich doch der                  27. Februar 1973 ins Bewusstsein gebrannt. Das Datum war nicht nur Großvaters Geburtstag, sondern auch der Beginn der Besetzung des heiligen Ortes Wounded Knee. Dann ergab sich tatsächlich die Gelegenheit, als der Musiker Mitch Walking Elk mit seiner Frau Donna und seiner Schwester Rosie mit dem Auto an die 2000 Meilen von Oklahoma nach Washington D.C. fuhren. Vom Hotel startete die vierköpfige Expedition nach Hagerstown an der Grenze zu Pennsylvania, wo das Camp der Aktivisten am nahen Fluss stand. Es war früher Nachmittag und nur am Küchenzelt ließ sich zunächst Suzanne Smoke sehen. Heißen Tee gab es und etwas zu essen.

Konnte man hier campieren? Ein Schlafsack war mitgebracht und ein Zelt stand in der Nähe des Lagerfeuers leer. Eine Entscheidung musste fallen. Isomatten und Decken waren für eine Unterlage übrig und schnell herangeschafft. In der Dunkelheit gab es am Flussufer Feuer, Zeremonie und Gesang. Trotz Zelt und Schlafsack bekam ich kein Auge zu und am Morgen hatte sich am Zelteingang eine leichte Eiskruste gebildet. Schnell war das Camp abgebaut, Zelte sowie Taschen gepackt und auf einem langen Trailer verstaut.

Dann ging es in die Hauptstadt Washington, um vor dem Suprem Court der USA für das indigene Kinderwohlfahrtsgesetz  ICWA zu demonstrieren. Es ist mehr als 40 Jahre alt. Damals hatte es Untersuchungen des Kongresses gegeben. Sie zeigten, dass öffentliche und private Stellen ein Drittel aller Mädchen und Jungen aus indigenen Haushalten nicht bei Mitgliedern der Stämme unterbrachten. Dennoch gebe es weiterhin Probleme und das müsse sich ändern, hieß es. Das forderten die AIM-Aktivisten mit einer Zeremonie.

Am liebsten hätte ich am nächsten Tag die Laufschuhe geschnürt. Doch Walk-Chef-Organisatorin  Rachel Thunder ließ mich in einen der Kleinbusse steigen, dessen Fahrer Powwow-Musik abspielte. Dann wechselte ich in den Pick-up der jungen Frau, die zur Führungsspitze des AIM gehört. Südöstlich des Ortes Winchester  ging es durch die Berge und dann schwor Rachel das gute halbe Dutzend Läufer mit einem Stab mit Adlerkopf auf die kommenden Anstrengungen ein. Wie bei einer Staffel wurde sich abgewechselt.

Klar war schnell: Hier hätte ich mit niemandem mithalten können, so schnell waren selbst die etwas Älteren bergauf unterwegs. Gillian Eagle Chasing gehörte zu denen, die regelrecht hinaufgeflogen sind. Die junge Frau sieht für sich bei den Marines eine Zukunft, auch wenn Laufen da nicht vordergründig dazugehört. Unwiderstehlich nimmt auch der 18-jährige Tacory Bettelyom  längere  Laufstrecken unter die Füße. Die meisten der Aktiven leben in Rapid City, das immer noch mit seiner Vergangenheit und rauchenden Colts wirbt. Doch  Rassismus herrscht weiter. Auch dagegen rennen die Indigenen an.

Rebecca Pugh gehört zu den Helfern beim Walk. Sie engagiert sich in der Kirche in Cambrigh bei Boston und betet für den Frieden und für die Freiheit von Leonard Peltier. Und sie hilft im Camp und fasst mit zu. Die 59-Jährige bestätigt auf Nachfrage, dass sie auch mal am Tag 35 Meilen, also gut 55 Kilometer zurücklegt. Manchmal sogar mehr. Und der Funke ist auch auf ihre Tochter übergesprungen. Was die Frauen und Männer verzehren, will Suzanne Smoke zwar nicht auflisten, aber der engagierten Küchenfee hilft auch Kitty Colbert. Hungern musste jedenfalls niemand im Camp.

Einen höhepunktreichen Tag gab es schon vor dem Schlusspunkt auf dem Anwesen eines weißen Ehepaars. Das hatte Gästehaus und Wiese fürs Camp zur Verfügung gestellt. Dort überraschte Jean Roach, Ko-Direktorin des Peltier-Defense-Committees,  die Tochter von Leonard, Kathy Peltier, mit einem bunten Rock mit der Silhouette des Kopfes ihres Vaters. Und dann folgte der  ereignisreiche Sonntag, der 13. November, der nach zweieinhalb Monaten den Leonard-Peltier-Walk-to-Justice von Minneapolis nach Washington beendete. Mit vielen Reden, Musik, Tanz und einem jungen Indigenen, der seine AIM-Flagge in den Wind hielt. Und Carol Gokee sprach aus, was sich viele wünschen: „Wir hoffen, dass Leonard bis Weihnachten frei ist.“

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