Leonard Peltiers Statement zum, 6.2.2016 in deutsch

(Übersetzung: Michael Koch/Kerstin Groeper)

Ich grüße euch Freunde, Unterstützer und alle Indigenen.

Was kann ich noch sagen, was ich nicht schon längst gesagt habe? Ich denke ich beginne damit, zu all jenen, die im letzten Jahr von uns gegangen „wir sehen uns später wieder“ zu sagen. Wir „Natives“ nennen dabei keine Namen. Wir glauben, dass wir sonst ihre letzte Reise stören, wenn wir ihren Namen aussprechen. Sie könnten ihren Weg verlieren und ihre Seelen wandern dann endlos herum. Wenn zu viele ihre Namen nennen, versuchen sie zurückzukommen. Ihre Spirits wissen auch so, dass wir an sie denken. Also sage ich nur „habt eine gute Reise und ich hoffe euch bald wiederzusehen“.free-leonard-peltier_design

Am 6.2.2016 bin ich seit 40 Jahren inhaftiert! Ich bin ein 71 Jahre alter Mann und immer noch im Hochsicherheitsgefängnis. In meinem Alter bin ich mir nicht sicher, ob mir noch viel Zeit bleibt.

Ich habe inzwischen vier bis fünf Jahre guter Führung angesammelt, die aber niemand anerkennen will. Ich vermute mal, dass die einfach nicht zählen. Als ich angeklagt wurde, betrug die durchschnittliche Zeit für Lebenslänglich, ehe man begnadigt werden konnte, mindestens sieben Jahre. Das bedeutet, dass ich demnach fast sechsmal lebenslänglich abgesessen habe und ich schon vor sehr langer Zeit hätte begnadigt werden müssen. Denn es gibt eine Vorschrift, dass man nach maximal 30 Jahren entlassen werden muss. Ich bin nun zehn Jahre darüber. Die Regierung sollte nicht willkürlich diese Gesetze ändern, nur um dich im Gefängnis zu behalten – mit AUSNAHME vermute ich mal, du heißt Leonard Peltier.

Nun, mir wurde mitgeteilt, dass ich bis 2017 im Hochsicherheitsgefängnis USP Coleman I bleiben werde, bevor sie entscheiden, ob ich in eine Haftanstalt mittlerer Sicherheitsstufe komme – oder auch NICHT. Aber, stellt euch vor, bin ich seit 15 Jahren als Gefangener für eine mittlere Sicherheitsstufe klassifiziert, und die Richtlinien des Bundesbüros für Gefängnisse besagen, dass ältere Gefangene in einer weniger gefährlichen Einrichtung/Umgebung sein sollten. Aber NICHT, wenn du Leonard Peltier heißt, so kommt es mir vor.

Wie ihr euch erinnert, ist die Geschichte meiner Bitte um Begnadigung lang. Mein erster Versuch auf dem Rechtsweg war bei Jimmy Carter. Er lehnte dies ab. Ronald Reagan versprach Präsident Michail Gorbatschow, dass er mich entlassen würde, wenn die Sowjetunion ebenfalls einen Gefangenen entlassen würde, aber Reagan sagte dann ab. Georg H.W. Bush machte gar nichts. Der nächste Versuch auf dem Rechtsweg war bei Bill Clinton. Er ging aus dem Weißen Haus, ohne etwas getan zu haben, auch wenn der Begnadigungsanwalt eine 11monatige Untersuchung durchführte (normalerweise maximal 9 Monate) und uns dann mitgeteilt wurde, dass eine Begnadigung empfohlen würde. Und in allen Fällen des Begnadigungsersuchens hat sich das FBI in die Exekutive eingemischt. Das ist absolut illegal.

Heute muss ich einem anderen Problem ins Auge sehen – einem Aorta Aneurisma. Es hat die Größe einer AAA Batterie. Der Arzt sagte mir, dass ich verbluten könnte, wenn die Aorta platzt. Es kann auch auf meine Wirbelsäule drücken, sodass ich querschnittsgelähmt wäre. Die gute Nachricht ist eigentlich, dass dies behandelbar wäre und eine Operation 96-98% erfolgreich wäre. ABER ich bin ein Hochsicherheitsgefangener. Wir werden nicht in Behandlung gelassen, ehe man nicht in absoluter Lebensgefahr schwebt.

Ich hoffe, dass Präsident Obama im letzten Amtsjahr fortfährt, seine Versprechen zu erfüllen und dass der Fortschritt, den seine Verwaltung in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Indigenen gemacht hat, weiterhin wächst. Es gibt mir Hoffnung, dass dieser Präsident sich hart darum bemüht hat, eine vertrauensvolle Beziehung zu den indianischen Völkern aufzubauen. Mit EUREM Mut, glaube ich, hat Obama die Courage mich zu begnadigen und mich heim zu meiner Familie zu schicken.

Zurückblickend auf 40 Jahre Bemühungen für meine Freilassung bin ich überwältigt und demütig. Ich möchte allen Unterstützern danken, die all die Jahre an mich geglaubt haben. Einige haben mich von Anfang an unterstützt. Ihr habt euch darum gekümmert, dass ich Bücher zum Lesen hatte und Gelder für Einkäufe bekam, damit ich mir etwas kaufen konnte, um mir das Leben hier etwas angenehmer zu gestalten. Ihr habt außerdem an mein Verteidigungskomitee gespendet, damit wir weiter für meine Freiheit kämpfen konnten. Ihr habt alle hart gearbeitet – arbeitet immer noch hart – um die Geschichte über die abscheulichste, haarsträubendste und zum Himmel schreiende Verurteilung, die es je in der US-Geschichte gab, zu verbreiten. Es gibt so viele gutherzige Menschen in dieser Welt und ihr gehört dazu. Es tut mir leid, dass ich nicht auf all eure Briefe antworten kann. Doch ich danke euch für die große Liebe, die ihr mir gezeigt habt. Ohne diese Anteilnahme hätte ich niemals so lange durchgehalten. Da bin ich mir sicher!

Ich glaube, dass meine Inhaftierung, und die Gesetzesmissachtungen, die Verfehlungen der Staatsanwaltschaft und Regierung in meinen Fall, Dinge sind, die viel wichtiger als mein Leben und meine Freiheit sind. Ich fühle, dass jeder von euch, der für meine Freiheit gekämpft hat, Teil eines größeren Kampfes der Indigenen um vertragliche Rechte, Souveränität und unser aller Überleben ist. Wenn ich eines Tages heimgerufen werde, gebt diesen Kampf bitte nicht auf.

In the Spirit of Crazy Horse…

Doksha, (auf bald)

Leonard Peltier

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